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Neuigkeiten zu Sparta oder Lakedaimon.de:

16. April 2020:

Aus aktuellem Anlass: Die Seuche im Krieg gegen Athen

Im zweiten Kriegsjahr, als das lakedaimonische Heer wieder in Attika einfiel, dort Höfe, Dörfer und Felder zerstörte, um Athen zu schädigen, vor allem aber um das Heer aus der Stadt zu locken, brach in der Stadt eine Seuche aus.

Getreideschiffe brachten im Jahre 430 neben dem lebensnotwendigen Korn auch den Tod in die Stadt. Die zusammengepferchte attische Bevölkerung in Athen, Piräus und vor allem zwischen den langen Mauern lebte unter eingeschränkten bis katastrophalen hygienischen Bedingungen und gelöst von ihren alltäglichen Ressourcen. Viele Athener gaben Perikles „die Schuld, weil auf seinen Rat eine solche Menge Menschen hinter den Mauern zusammengeballt waren, und er vermochte den Zorn seiner Mitbürger nicht zu dämpfen“  (Plutarch, Biographien): Er hatte zuvor durchsetzen können, dass man sich Sparta nicht mit dem Heer stellte, sondern das flache Land aufgab, Nachschub über die See in die Stadt holte und ansonsten Sparta durch Flottenaktionen beunruhigte und schädigte, soweit das ging.

Die Spartaner erfuhren von der Seuche in der Stadt, ließen sich aber nicht dadurch beeindrucken und verheerten und plünderten in aller Ruhe und umfangreicher als im Jahr davor in Attika. Tausende, vermutlich sogar Zehntausende starben, ohne dass ein Spartaner sein Schwert erheben musste. Sparta wusste die Gelegenheit nicht zu nutzen.

 Auch die Gefahr, selbst der Seuche zu erliegen, hielt das Heer fern der Stadtmauern, denn im nächsten Jahr traute man sich durchaus an eine Belagerung heran. Im Sommer 429 zogen die Lakedaimonier und ihre Verbündeten man nicht nach Attika, sondern nach Boiotien und belagerte Plataiai. Athen schien mit sich selbst beschäftigt zu sein, die Landgüter und Dörfer waren bereits zerstört, die Bäume umgehackt. Und wenn das Heer herauskommen wollte – man konnte die Feldschlacht auch bei Plataiai schlagen. Dort hatten die Lakedaimonier gute Erfahrungen.

Jahrelang wütete die Seuche, dabei waren 430/429 und 427/426 die Höhepunkte. Am Ende waren Zehntausende tot. Wie dramatisch die Verluste durch die Seuche waren, erzählt Thukydides [II, 58], als er von einem Verstärkungseinsatz berichtet, den die Athener 430 zur Unterstützung der Belagerungstruppen vor Potideia sandten. Innerhalb von 40 Tagen sollen von den 4000 Schwerbewaffneten 1500 der Seuche zum Opfer gefallen sein. Und die Truppen, die vor Ort waren, steckten sie auch an.

Thukydides [II, 47ff] beschrieb nicht nur den atemlosen Tod der Pestopfer, sondern den sozialen, politischen und kulturellen Verfall der als vorbildlich geltenden attischen Gesellschaft. Allerdings scheint sich die Seuche nicht über ganz Hellas ausgebreitet zu haben. Insbesondere über die Lakedaimonier und ihre Verbündeten wird dazu nichts berichtet. Bei Seuchentoten in Sparta hätten die Behörden sehr wahrscheinlich aus religiösen wie aus Vernunftgründen Friedens- oder Waffenstillstandsverhandlungen mit Athen aufgenommen. Zumal Athen anscheinend Unterhändler geschickt hatte.

Sparta gewann aber trotzdem nicht die Oberhand im Krieg. Man war zu sehr in seinen agonalen und religiösen Vorstellungen gebunden, als dass man hätte mehr Gewinn daraus ziehen können, als das Land zu verheeren und den kleinen Bundesgenossen Plataiai zu belagern und auszuhungern. Bereits im Sommer nach Abklingen der Seuche holte Athen zu weiteläufigen Unternehmen aus und schon 425 kam es zur Gefangennahme von wenigen hundert Spartiaten auf der Insel Sphakteria, was für den oprerativen Kriegsverlauf mindestens ebenso gravierende Auswirkungen hatte wie die Seuche in Athen mit ihren tausenden Opfern.

Mit dem heutigen Tag (16. April 2020) wurden offiziell weltweit 1,4 Mio. Infizierte und 138.000 Todesfälle mit COVID-19 auf Basis des Coronavirus festgestellt.

14. Januar 2019:

Was hat Donald Trump mit Sparta zu tun? Richtig, gar nichts. Aber der amerikanische Politikwissenschaftler Graham T. Allison schafft es, den Bogen trotzdem zu spannen. In seinem Buch Destined for War: Can America and China escape Thucydides’s trap? (2017, Houghton Mifflin, New York) definiert er Situationen, in der ein Staat als Vormacht durch eine aufsteigende Macht herausgefordert wird (oder sich herausgefordert sieht), als „Falle des Thukydides“, da hieraus mit fast unerbittlicher Konsequenz ein Krieg resultiere: Dieser sei für die aktuelle Vormacht als ultima ratio naheliegend, um den Konkurrenten auszuschalten und die eigene Vormachtposition zu halten. Durch die höhere Dynamik des aufsteigenden Konkurrenten gegenüber dem eher beharrlich verweilenden aktuellen Platzhirsch, spiele dabei der Zeitaspekt eine Rolle, der immer überwältigender werde, je geringer der wahrgenommene Machtabstand zwischen den beiden Konkurrenten werde. Die Situation, wie sie Thukydides für die Zeit vor und beim Ausbruch des Großen Peloponnesischen Kriegs darstellt.

Allison belegt das mit vielen Konflikten, bevorzugt aus den letzten 500 Jahren, wobei er 16 identifiziert und die aktuelle Konstellation zwischen den USA und China als den 17. beschreibt. In 12 dieser Konflikte war es nach Allisons Ausführungen aus besagtem Grund zum Krieg gekommen. Insbesondere rekonstruiert und beschreibt er den Konflikt zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien im Vorfeld des Ersten Weltkriegs, als nach Allisons Rekonstruktion das Reich das Empire sowohl wirtschaftlich als auch militärisch herausforderte – ohne indes einen direkten Konflikt aktiv anzustreben.

Insofern ganz bemerkenswert: die USA unter Trump als Sparta und China als Athen. Aus heutiger Geschichtswahrnehmung ziemlich unbequem, war es doch bislang stets andersrum: die USA immer Athen und die Sowjetunion – oder wer gerade herhalten musste – sollte das rigide Sparta sein.

16. März 2018:

Literatur: Thornton Lockwood analysiert in Apeiron (1/2018) die Texte zum „besten Staat“ von Aristoteles und stellt fest, dass dieser Sparta und seine Erziehung als minderwertig und mit dem Ergebnis schwacher Charakter sieht und dem seinen Entwurf der besten Erziehung dagegenstellt. Und dass sein Ergebnis dieser besten Erziehung sehr dem spartanischen Bürger-Soldaten ähnelt, erheblich mehr jedenfalls als dem athenischen Bürger mit seiner freien Teilhabe am gesellschaftlich-politischen Prozess. Hier zeigt sich einmal mehr, dass in Aristoteles‘ Sicht auf Sparta weniger der klare, intellektuell hochentwickelte Logiker und Philosoph erkennbar wird, als vielmehr der frustrierte, über Sparta zwar uninformierte, aber ihm missgünstige Erzieher Alexanders des Großen, dessen großes (oder größenwahnsinniges) Anliegen von Sparta stets abgelehnt wurde und das sogar einen Aufstand gegen seine Herrschaft in Hellas wagte.

20. Februar 2018:
Winfried Schmitz, Professor für Alte Geschichte an der Universität Bonn, hat jüngst in der Zeitschrift KLIO einen sehr lesenswerten Artikel zur Gesellschaft Spartas veröffentlicht. Er löst darin einige in der Mainstream-Literatur zu Sparta sehr widersprüchliche oder seltsame Aussagen zur spartanischen Bräuchen und gesellschaftlichen Zuständen sehr glaubhaft auf, wodurch möglicherweise die Literatur zur spartanischen Gesellschaft in den nächsten Jahren eine starke Überarbeitung erfahren wird. Der Text findet sich unter https://www.degruyter.com/view/j/klio.2017.99.issue-2/klio-2017-0087/klio-2017-0087.xml oder in einschlägigen Fachbibliotheken, die die Zeitschrift führen.

3. Oktober 2017:
„100 Jahre Niedergang –  Sparta im klassischer Zeit.  Gesellschaft, Politik und Kriegswesen zwischen dem Erdbeben 464 und der Schlacht bei Mantineia 362“ eine Textsammlung vom Betreiber dieser Seite aufbauend auf deren Inhalten, erweitert und zu einem handlichen pdf-Büchlein formatiert ist jetzt zu finden auf der Seite 100 Jahre Niedergang.