Oliganthropia – der Vollbürgerschwund

Berechnungen gemäß Angaben bei Herodot lassen auf 8000 bis 9000 Vollbürger um die Wende zum 5. Jahrhundert schließen. Ab den Perserkriegen, sicher aber ab den Sechzigerjahren des 5. Jahrhunderts sank ihre Zahl anscheinend rapide ab. Nimmt man den Vollbürgeranteil im spartanischen Heer als Anhaltspunkt, ist die Aussage, dass auf Sphakteria unter den Gefangenen Hopliten ca. 40% Spartiaten waren, aussagekräftig. Bei Leuktra scheinen nur noch knapp 10% der Hopliten in den spartanischen Morai Vollbürger gewesen zu sein. Nach Leuktra wurden sicherlich viele Minderberechtigte zu Vollbürgern, da durch die Verluste Klaroi von Verwandten frei wurden, daher dürfte die Zahl der Vollbürger durch die Schlacht nicht um die Verlustzahl von 400 gesunken sein. Andererseits dürften die Verluste zu einer weiteren Besitzkonzentration geführt haben, indem die Witwen von Vollbürgern den Klaros mit in eine neue Verbindung einbrachten, die nur mit einem Klarosinhaber stattfinden konnte. Um 244 gab es nur noch um 700 Vollbürger, davon 100 sehr reiche, dazu viele wohlhabende Frauen.

Fraglich ist, warum die Zahl der Vollbürger so rasant abnahm. Waren es vor allem die vielen Toten in den zahllosen Kriegen? Oder eher gesellschaftliche Gründe wie Überlegungen das Erbe und die Sicherung des Spartiatenstatus betreffend, die die Vollbürger anscheinend in ein (zumindest wahrgenommenes) Dilemma zwischen Kinderarmut und Besitzkonzentration einerseits und persönliches Absinken unter den Zensus bzw. Aussonderung aus dem Spartiatenstatus durch gesellschaftlich definiertes Fehlverhalten brachte. Die Folgen daraus wären gewesen, dass sich die Zahl der Vollbürger eher dadurch reduzierte als durch biologische Abgänge. Beides ist sicherlich wichtig und führte möglicherweise erst gemeinsam zu dem rasanten Vollbürgerschwund.

Das Thema soll hier etwas breiter aufgesetzt behandelt werden:

Grund 1: Kriegsverluste

Grund 2: Das Erdbeben von 464

Grund 3: Wirtschaftliche Schwierigkeiten durch das Klaros- und Helotensystem

Grund 4: Private Heirats- und Familienpolitik

Grund 5: Ziele spartanischer Bevölkerungspolitik

Grund 6: Paiderastia

Grund 7: Heiratsalter in Sparta

Grund 8: Spartas Gegenmaßnahmen – waren sie erfolgreich?