Auszug und Aufenthalt im Feindesland


Abschied eines Kriegers, attisch, 3. Viertel des 5. Jh. (Quelle: Wikipedia)
Abschied eines Kriegers, attisch, 3. Viertel des 5. Jh. (Quelle: Wikipedia)

Recht schnell waren die Spartaner auszugsbereit – die Männer waren ohnehin vor Ort und es gab keine Geschäfte, wie Handel oder Landwirtschaft, die Vorrang gehabt hätten. Vor Morgengrauen opferte der Feldherr dem Zeus Agetor für ein gutes Gelingen. Die Männer zogen frisiert, eingeölt, bekränzt und mit den blankpolierten Waffen gegürtet vom Sammelplatz, vielleicht bei den Platanistas, durch die Stadt in Richtung der Straße nach Norden. Im Tross fanden sich vertrauenswürdige Heloten, die auf dem Marsch die Rüstung und Lebensmittel der Hopliten trugen und im Feld möglicherweise als Leichtbewaffnete dienten, aber jedenfalls in der Nähe waren, um ihren Herren im Verwundungsfall aus den Reihen zu ziehen oder falls nötig und möglich, Ersatz an Waffen vorzureichen. Ferner schloss sich ein recht kleiner Tross mit weiteren Vorräten und evtl. Belagerungsmaterial an, je nachdem, was die Ephoren verfügt hatten. Insgesamt aber war der Tross in Relation zu heutigen Armeen zu vernachlässigen.

Man kann annehmen, dass anlässlich des Auszuges gesungen wurde – von den Hopliten ebenso wie von den Zurückbleibenden die berühmten spartanischen Chorgesänge. Vor der Stadt dürften die Perioikenkontingente aus dem Süden hinzugestoßen sein, auf dem weiteren Marsch die der nördlichen Gebiete, z.B. die Skiriten. Vor dem nächsten Morgengrauen brachte der Feldherr das Grenzopfer für Zeus und Athene dar und sobald es gelang, zog das Heer aus den heimatlichen Gefilden hinaus. Das Feuer des Opfers wurde auf dem Feldzug mitgeführt.

Hellenische Hopliten der klassischen Antike. Links ein Spartiat im roten Mantel mit langen Locken und dem aristokratischen Gehstock
Hellenische Hopliten der klassischen Antike. Links ein Spartiat im roten Mantel mit langen Locken und dem aristokratischen Gehstock

Auf dem Isthmos, an der Grenze des unmittelbaren spartanischen Einflussbereiches, der Peloponnes, sammelten sich die Truppen, d.h. die Bundeskontingente kamen hierher, ebenso nachrückende lakedaimonische Truppenteile, wie Perioiken- oder Trosseinheiten, die den schnellen Abmarsch nicht mitmachen konnten und Männer des Bürgerkontingents, die erst noch herbeigeholt werden mussten, sei es von der Jagd, von ihrem Landgut in Messenien oder einer Auslandsreise. Hier dürfte auch eine erste Besprechung der Feldherren stattgefunden haben, d.h. der spartanische König legte seine Ziele und seinen Plan dar und die anderen Feldherren und Polemarchen konnten sich dazu äußern.

War das Heer oder sein größter Teil versammelt, zog es nachdem der König vor Morgengrauen auch hier ein Übertrittsopfer dargebracht hatte, aus der Peloponnes hinaus. Nun begann der gefährliche Teil der Unternehmung, der möglichst schnell erledigt werden sollte, denn nun waren die Städte des Peloponnes von den Truppen nicht mehr gedeckt.

Auf dem Marsch scheint folgende Formation üblich gewesen zu sein: Vorneweg kamen berittene Späher, die den Weg erkundeten und als erste Truppeneinheit die leichtbewaffneten Skiriten. Gleich danach kam der spartanische König als Feldherr mit seinem Stab und den 300 Hippeis. Sie waren möglicherweise beritten, hier widersprechen sich Quellen und Interpretationen. Dahinter kamen die Morai des Bürgerheeres, die in Kolonne marschierten, was bedeutet, dass sie zumindest eine einigermaßen geordnet blieben, um im Falle eines Angriffs schnell in Formation zu kommen. Hierbei scheinen Spartiaten, ihre Waffenträger und die Perioiken (die evtl. ihrerseits ebenfalls Waffenträger dabeihatten) zusammen marschiert zu sein. Hinter den Morai des Bürgerheeres kamen die Kontingente der Bündner in ihren individuellen Formationen. Möglicherweise war die Nachhut wieder durch Lakedaimonier oder Skiriten gedeckt, das ist aber nicht bekannt.

Der Vormarsch dürfte recht schnell vonstatten gegangen sein, da der Tross klein war und im Zweifelsfall unter Bedeckung eines eigenen Schutzes auch nachkommen konnte. Vor dem Grenzübertritt in das Gebiet des Feldzuggegners nahm der König wiederum Grenzopfer vor.

Man betrieb wenig Feindaufklärung, die über die Erkundung des Wegs hinausging, es bestand daher stets die Gefahr, überrumpelt zu werden. In dieser Hinsicht waren die Lakedaimonier ebensolche Amateure wie alle anderen Poliskontingente auch. Deshalb war es wichtig, die Formation zu halten und die Kontingente sich nicht mischen zu lassen.

Der König bestimmte Zeit und Ort, an dem das Lager aufzuschlagen war. Es wurde bevorzugt auf einem Hügel oder an einen Wall oder Fluss angelehnt errichtet oder zumindest einigermaßen kreisförmig, um die Linien kurz zu halten. Das Lager wurde recht häufig gewechselt, angesichts höchst mangelhafter hygienischer Verhältnisse und knapper Vorratshaltung durchaus verständlich. Das Lager wurde vermutlich durch die Heloten und die Bündner feldmäßig befestigt, ein Graben ausgehoben und Pfähle eingerammt. Anscheinend hatte der König ein Speise- und Schlafzelt, für die Spartiaten ist das nicht geklärt. Sie schliefen in ihrem roten Mantel mit den Waffen in Griffweite.

Tagsüber gingen Reiter um das Lager herum Wache, nachts streiften die Skiriten um das Heer. Innerhalb des Lagers selbst gab es ebenfalls Wachen bzw. Aufseher, die mit der Ordnung beauftragt waren. Das Lagerleben bestand für die Lakedaimonier, zumindest die Vollbürger, in Sport, Körperpflege, Waffentraining und religiösen Verpflichtungen wie dem abendlichen gemeinsamen Gesang für Apoll.

Lebensmittel wurden mitgebracht, z.T. in konservierter Form oder aus Märkten von Verbündeten und Neutralen ergänzt. Auch dürften sich im Lager immer findige fliegende Händler ohne Polisbindung eingefunden haben und natürlich konnte im Feindesland requiriert werden, wobei darauf geachtet wurde, dass die Mitglieder des Bürgerheeres sich auf keinen Fall zerstreuten, hierbei also beiseite standen.

War das Lager bezogen, wurden Boten zum Feind geschickt, um zu sehen, ob er nicht doch nachgeben wollte, was angesichts eines Heeres häufig genug geschah. Weitere Boten gingen nach Hause und in die Städte weiterer möglicher Verbündeter ab, um Hilfe anzufordern. Ferner wurde das Land des Gegners verwüstet, um diesen aus seinen Stadtmauern zu locken bzw. ihn zu schädigen. Beliebt war dabei, die Ernte einzufahren, unreifes Getreide niederzutrampeln und Bäume und Weinstöcke umzuhacken. Das Vieh dürfte zumeist vor dem nahenden Heer weggebracht worden sein, bevorzugt in Gebirgswälder, wo die Landbevölkerung auch ihre wertvollen Besitztümer verbarg, sofern sie nicht hinter die Mauern ihrer Stadt hatte fliehen können. Die Häuser und Scheunen gingen in Flammen auf, Bewässerungsanlagen wurden zerstört, Boote versenkt und Brücken eingerissen.

Zeigten sich nun die Gesandten des Gegners spröde oder gar nicht, so bahnte sich die Entscheidung auf dem Felde an. Dann stellte sich das Heer auf und bot die Schlacht an.

Zum Teil 3: Die Schlacht, der Abzug und die Heimkehr