Organisation des lakedaimonischen Heeresaufgebots


Das schwerbewaffnete Aufgebot der Bürger

Bronzestatuette, um 500 v.Chr.
Bronzestatuette, um 500 v.Chr.

Traditionell, d.h. in vorklassischer Zeit, scheint das spartanische Bürgerheer in drei Abteilungen aufgeteilt gewesen zu sein, die sich aus den jeweiligen Mitgliedern der alten dorischen Phylen rekrutierten. Die Gesangsfragmente des Tyrtaios aus dem zweiten messenischen Krieg, in dem er die Schwäche und Unordnung der spartanischen Truppen beklagt und sie zu Mut und Ausdauer aufruft, lassen dies vermuten.

Das Gros des Heeres gliederte sich in die Lochen mit jeweils 4 Pentekostyen („Fünfzigstel“) mit jeweils 4 Enomotien, die eine jeweils Altersklassensuite von 40 Mann umfassten. Ungefähr zum Ende des peloponnesischen Krieges wurde die größte Einheit Mora genannt, es gab 6 davon. Jede beinhaltete 2 Lochen. Später dann, nach Leuktra, waren diese 12 Lochen die obersten Einheiten.

Die Bürger scheinen in klassischer Zeit frei von lokaler und verwandtschaftlicher Relation den Einheiten zugeordnet gewesen zu sein. Die Zusammenstellung geschah eher nach dem Prinzip der (5-Jahres-)Altersklassen und eventuell in Anlehnung an die Speise- und Zeltgemeinschaften.

Die Zahl von 6 Morai und 12 Lochen mag ein Rest räumlicher Organisation des Heeres geblieben sein. Vor dem Zusammenschluss Spartas um das 2. Viertel des 8. Jahrhunderts standen sich jeweils 2 der spartanischen Dörfer als Parteiungen unter den Eurypontiden bzw. Agiaden agonal gegenüber. So mag die Zahl der Morai aus den nach Phylen dreigeteilten Kontingenten der beiden zusammengeschlossenen Dorfverbände entstanden sein, die Lochenunterteilung dadurch, dass jedes Dorf eine Einheit (unterteilt nach den drei Phylen) zusammenstellte. Spätestens als mit den Amyklaiern weitere Personen in den Wehrverband kamen, wurde diese Aufteilung verwischt, denn man nahm die Amyklaier nicht als 5. Dorfverband ins Heer auf, sondern verteilte sie auf die bestehenden Einheiten. Man wollte wohl vermeiden, dass die frisch eingegliederten Amyklaier als Sonderformation eigene Ziele verfolgen und so eine Desintegrationsgefahr werden konnten.

Letzte Reste räumlicher Zuordnung zu den Einheiten wurden wohl damit getilgt, dass nach der Heeresreform um 460 Perioiken von außerhalb der spartiatischen Dörfer in die Spartiateneinheiten aufgenommen wurden. So dürfte die Organisation ursprünglich eine phylenbezogene und räumliche gewesen sein, die sich im mehreren Schritten durch politische und militärisch-pragmatische Gründe dahin entwickelte, dass die ursprünglichen Organisationseinheiten zwar beibehalten wurden, aber die Zuteilung der Männer zu den Einheiten anderen Kriterien folgte.

Bis in die literarisch abzusichernde Zeit scheinen die Spartiaten und die Perioiken in getrennten Formationen gekämpft zu haben, für Plataia ist dies bei Thukydides eindeutig und glaubhaft erwähnt. Später dann, man vermutet die Heeresreform in Zusammenhang mit dem Erdbeben und dem Helotenaufstand in Sparta um 464, wurden Perioiken in die Reihen des Spartiatenkontingents aufgenommen, das dadurch seinen Vollbürgercharakter verliert und zum Aufgebot der Lakedaimonier wurde. Als eigene perioikische Einheit werden danach nur noch die Skiriten erwähnt.

Innerhalb der Phalanx standen wohl die Männer zwischen 30 und 39 Jahren in den vordersten Reihen, dahinter die jüngeren und älteren. Die Jüngsten und Ältesten wurden häufig nicht mitgenommen. Die unteren Altersklassen wurden in späterer Zeit in Ermangelung von Leichtbewaffneten dank ihrer Schnelligkeit und Wendigkeit dazu eingesetzt, Leichtbewaffnete des Feindes zu vertreiben oder sogar zu fangen.

Die Kommandostruktur war differenziert und wurde mit abnehmender Zahl der Vollbürger in den Einheiten weiter aufgefächert. Der Feldherr, traditionell und auch später bei wichtigen Feldzügen der dafür von den Behörden ausgewählte König, befahl den Polemarchen als Führer der Großeinheiten. Diese hatten jeweils einen Lochagen beigeordnet, wohl als Stellvertreter. Darunter amtierten die Pentekonteren, darunter die Enomotarchen.

In Mantineia 418 scheint das lakedaimonische Heer aus folgenden Abteilungen bestanden zu haben: die Hippeis als Garde des Königs, die 6 taktischen Einheiten der Bürger, inklusive Perioiken und Minderberechtigter, die Reiterei, der Einheit der freigelassenen Heloten (Brasideoi und Neodamodei) und die Skiriten-Abteilung (vgl. Thukydides 5,68,3).

Reiterei

Pferde (Relief im Archäologischen Museum Istanbul)
Pferde (Relief im Archäologischen Museum Istanbul)

Ab ca. 425 wurde in Sparta eine Reiterei organisiert. Natürlich gab es schon vorher berittene Truppenteile, so die Hippeis und die Kundschafter des Heeres. Aber diese saßen vor Kampfbeginn ab und stellten sich in der Phalanx auf. Nun wurde ein Kontingent aufgestellt, das auch aufgesessen kämpfte. Anlass waren wohl die Überfälle, die die Truppen des attischen Seebundes zu dieser Zeit verstärkt auf Lakonien und Messenien durchführten. Weil die Spartaner nicht überall Truppen stationieren konnten, machten sie ihre Wachtruppen mobiler, indem sie sie auf Pferde setzten. Da die attischen Überfallkommandos eher aus leichtbewaffneten Plünder- und Verwüstungstrupps als aus regulären Hoplitenverbänden bestanden, war der Kampf vom Pferd herab zweckmäßiger als das Absitzen.

Bald wurden regelrechte Einheiten unter Reiterobristen, den Hipparmosten, gebildet, wohl sechs Einheiten zu jeweils 120 Pferden, die den Morai zugeordnet waren. Die Pferde wurden von wohlhabenden Bürgern, die sich die Pferdezucht leisten konnten, gestellt. Geritten wurden sie von anderen Männern, nach Xenophon den schwächsten und ungeschicktesten der Spartiaten. Vermutlich meint er aber eher, dass Lakedaimonier, die nicht im Hoplitenkampf ausgebildet waren, eingesetzt wurden, also Perioiken, die keine Hoplitenausrüstung unterhalten konnten. Vielleicht wurden sie sogar von den Spartiaten dazu eingeteilt, waren also keine ehrenwerten Freiwilligen, die in die Phalanx der Schwerbewaffneten aufrücken konnten. Dementsprechend amateurhaft blieben die Reitereinheiten und waren ausgebildeten oder erfahrenen Kontingenten wie denen der Thessalier oder der Boiotier stets unterlegen.

Leichtbewaffnete

Leichtbewaffnete galten in Sparta, ebenso wie die Reiterei, als zu vernachlässigende Truppenform. Im Zusammenhang des zweiten Messenischen Krieges kann man noch von Leichtbewaffneten, den sog. Gymneten, lesen. Diese galten als Spartaner und waren von den Vollbürgern noch nicht geschieden. Sie wurden nach dem Sieg mit Klaroi in Messenien ausgestattet, wodurch die wirtschaftliche Unabhängigkeit aufgrund landwirtschaftlicher Erträge zum Definitionsmerkmal des Vollbürgers werden konnte. Gelegentlich wird auch angenommen, dass Söhne oder jüngere Brüder von Klarosinhabern, die (noch) von ihrer Familie abhängig waren, als Gymneten eingesetzt wurden.

In klassischer Zeit galten als einzige erwähnenswerte lakedaimonische Leichtbewaffnetentruppe die perioikischen Skiriten, die den linken Flügel des lakedaimonischen Aufgebots bildeten und nachts als Wache um das Heerlager streiften. Die leichtbewaffneten Heloten dienten damals nicht als taktische Einheit. Die Leichtbewaffneten wurden eher aus den Bündnerkontingenten und späterhin den Söldnern zusammengestellt. Man bediente sich dieser Peltasten ebenfalls seit den Erfahrungen von Sphakteria und den attischen Küstenüberfällen. Trotzdem sah man weiterhin den Zusammenstoß der Phalangen als kampfentscheidend an und konzentrierte sich personell weitgehend darauf, diese zu optimieren.

Allerdings versuchte man in der Hegemoniezeit trotzdem, sich der Vorteile leichter Truppen zu bedienen, indem die unteren Spartiaten-Jahrgänge bis 29 Jahre gelegentlich zu schnellen Vorstößen gegen feindliche Leichtbewaffnete einsetzte. Sie ließen Teile ihrer Bewaffnung, wohl zumindest den schweren Schild, zurück und stürmten somit schneller als gewöhnliche Hopliten. Zudem galten diese Jahrgänge (wohl durch Alter und Trainingsstand) ohnehin als die Schnellsten. Diese unsägliche Einrichtung führte zu gelegentlichen Erfolgen, sodass gegnerische Leichtbewaffnete gefangen und befragt werden konnten, aber auch zu unverhältnismäßig hohen Verlusten unter dieser Vollbürgergruppe, die somit verheizt wurden, als sie allein laufend ohne Schutzwaffen, geschickt agierenden gegnerischen Bogenschützen und Schleuderern preisgegeben wurden.

Söldner

Ein Schwerbewaffneter (vom sog. Alexandersarkophag in Istanbul)
Ein Schwerbewaffneter (vom sog. Alexandersarkophag in Istanbul)

Ab dem Dekeleischen Krieg und dann in zunehmenden Maße in der Hegemoniezeit wurden von Sparta Söldnerkontingente eingesetzt, die den Einsatz der knappen Bürgerhopliten ersetzten. Nach Mantineia 362 war Sparta dann in großem Umfang auf Söldner angewiesen, die es selber bezahlen musste, ohne über angemessene Einnahmequellen zu verfügen. So wurden selbst Könige Söldnerführer, um das nötige Geld zu besorgen. Zeitgleich entstand im Süden Lakoniens, auf Kap Tainaron der größte Söldnermarkt Griechenlands.

Heloten im lakedaimonischen Heer

Heloten als lakedaimonische Staatsangehörige lassen sich seit Herodot im Heer erfassen. Zunächst galten sie als Trossknechte des Heeres und Waffenburschen ihrer Herren. In dieser Funktion mögen sie durchaus leichte Bewaffnung getragen haben, scheinen aber nicht als Truppenkörper eingesetzt worden zu sein. Ab dem großen Peloponnesischen Krieg, beginnend mit dem Zug des Brasidas nach Thrakien, lassen sich Heloten auch als Schwerbewaffnete und taktischer Truppenkörper im Aufgebot der Lakedaimonier erfassen. Die Mitglieder des Thrakienzuges wurden nach diesem Einsatz freigelassen, bald ging man dazu über, die persönliche Freiheit schon bei der Annahme eines Heloten zum Heeresdienst auszusprechen. Später dann, als die Heeresmacht der Lakedaimonier infolge des Zusammenbruchs des Peloponnesischen Bundes nach Leuktra und der massiven Oliganthropia erschütternd zusammenschmolz, wurden die freigelassenen Heloten in die Einheiten der Bürger integriert, womit schließlich alle Angehörigengruppen des lakedaimonischen Staats Aufstellung in gemeinsamen Einheiten gefunden hatten.