Der Peloponnesische Bund


Das Bündnissystem der Spartaner

Arkadische Landschaft (Quelle: Wikipedia)
Arkadische Landschaft (Quelle: Wikipedia)

Gründung, Intention und Inhalte

Der Peloponnesische Bund, genauer „die Lakedaimonier und ihre Bundesgenossen“, was es besser trifft, war ein System bilateraler Verträge Spartas mit fast allen Gemeinwesen des Peloponnes, gewöhnlich standen nur Argos und Achaia abseits. Außerhalb der Peloponnes gehörten Megara und Ägina dazu.

Tegea: Grundriss des Tempels der Athena Alea
Tegea: Grundriss des Tempels der Athena Alea

Er wurde in der Mitte des 6. Jahrhunderts (ohne formalen Akt) begründet, als es Sparta nach einem langen und deprimierend verlaufenden Krieg zwar nicht gelang, Tegea zu annektieren, wohl aber es gefügig zu machen und in ein Bündnis zu zwingen, dem auch Elis angehörte. Das Bündnis richtete sich vor allem gegen Argos, den großen Konkurrenten Spartas jener Tage. Die Stoßrichtung des Peloponnesischen Bundes gegen Athen und dessen Bündnis war eine Sekundärfunktion, die später virulent wurde, ebenso wie Athen den Seebund nicht gegen Sparta, sondern gegen die Perser begründet hatte.

Epidauros: Theater
Epidauros: Theater

Im Gefolge konnte Sparta die Zahl der Bündner erhöhen, die sich zum Teil aus Furcht vor anderen Poleis (z.B. Epidauros vor Argos), zum Teil aus Furcht vor Sparta selbst oder nach Niederlagen gegen Sparta als Friedensbedingung anschlossen. Die Partner Spartas untereinander mussten keine Verträge haben, sie konnten durchaus untereinander verfeindet sein und auch militärische Streitigkeiten ausfechten. Die Bündner konnten selbständig außenpolitisch agieren, solange es nicht unmittelbar die Interessen Spartas beeinträchtigte.

Olympia in der Landschaft Elis
Olympia in der Landschaft Elis

Es handelte sich lediglich um ein Militärbündnis, eine Symmachie zu Spartas Gunsten, wobei für die Bündner im Austausch dafür Sparta seinen Schutz zusagte. Es gab keinen Beamtenapparat und keine gemeinsame Bündnispolitik, lange Zeit auch keine Bundeskasse oder sonstige Strukturen. Nur Sparta konnte die Verträge kündigen. Den Zwangscharakter des Bundes zeigt, dass Mitglieder, die versuchten auszuscheren, militärisch daran gehindert wurden. Tegea versuchte immer wieder, sich von Sparta freizumachen. Auch Arkadien, Elis, Mantineia, Korinth und andere Poleis und Landschaften begehrten zu Zeiten gegen Spartas Vorherrschaft auf, konnten aber bis 370 im Zaume gehalten werden, wenn auch teilweise nur unter Aufbietung großer spartanischer Heere, wie im Krieg gegen den Sonderbund 421 bis 418, der in der Schlacht bei Mantineia 418 zerschlagen wurde.

Die Symmachie forderte von den Bündnern, Sparta im Angriffs- wie im Verteidigungsfall Heerfolge zu leisten, während Sparta nur im Fall, dass ein Bündner von außen angegriffen wurde, zu Beistand verpflichtet war. Daneben wurden die Bündner aber auch verpflichtet, Sparta bei Helotenaufständen zur Hilfe zu kommen. So kam es, dass es Jahrzehnte gab, in denen praktisch in jeder Kriegssaison die Heere der Bündner ausrücken mussten. Sie taten dies zum Teil unwillig, teilweise mussten sie dazu gezwungen werden und gelegentlich verweigerten manche sogar noch auf dem Feldzug die Gefolgschaft, wie im versuchten Angriffskrieg gegen Athen 508/507. Auch von Leuktra berichtet Xenophon, dass manchen Bündnern unverhohlene Freude über die Niederlage der Spartaner anzumerken gewesen sei.

Verrechtlichung und Strukturierung

Korinth: Blick von der antiken Stadt auf die Stadtburg Akrokorinth
Korinth: Blick von der antiken Stadt auf die Stadtburg Akrokorinth

Die militärische Belastung der Bündnispartner führte mit der Zeit zu Regelungen zu ihren Gunsten wie der Bündnisversammlung, die um 504 das erste Mal einberufen wurde und bei der Frage, ob Sparta einen Krieg eingehen sollte gewisse Mitentscheidungsrechte bekam. Kriege wurden als Mehrheitsbeschluss der Bündner begonnen, die aber häufig nicht in die eigentlichen Konsultationen eingeschlossen wurden und zumeist fällten zuerst die Spartaner ihren Kriegsentschluss und befragten dann erst die Versammlung. Auch der Frieden wurde ab der Mitte des 5. Jh. in der Bundesversammlung beschlossen. Diese konnte nur von Sparta einberufen werden und tagte nicht regelmäßig, sondern bedarfsbezogen.

Als Zeichen des Einflusses der Bündner kann gelten, dass Korinth und Megara, die sich 431 an Sparta wandten, um den Krieg gegen Athen zu eröffnen, sich durchsetzen konnten. Sparta selbst war nicht (einhellig) kriegswillig, aber die Bündner konnten, obwohl sie nicht militärisch angegriffen worden waren, einen so hohen Druck ausüben, dass sich die Kriegspartei unter den Spartiaten schließlich durchsetzte und Sparta den Krieg eröffnete.
Die neuen – teilweise wiederum gezwungenen – Bündner nach dem Sieg über Athen 404 mussten regelmäßige Beiträge entrichten. Als die Bündner zur Hegemoniezeit jährlich und in immer größerem Umfang zu Feldzügen nach Boiotien herangezogen wurden, gelang es auch den „alten“ Bündnern 383/382, Sparta durch Zahlungen davon absehen zu lassen, die Bürgerheere aufzubieten, indem es auf diese Weise Söldner bezahlen konnte. Das führte 377/376 dazu, dass der Bund in feste Kontingents- und entsprechende Beitragsbezirke organisiert wurde.

Zusammenbruch

Mantineia: Theater
Mantineia: Theater

Nach der Schlacht von Leuktra fielen einige Bündner – so Mantineia und einige andere Arkader sowie Elis – sofort von Sparta ab, das natürlich versuchte, die Ordnung wieder herzustellen, aber der erste Einfall der Boioter in die Peloponnes machte den Restaurationversuch Spartas zunichte. Beim zweiten Einfall im Jahr 369 zerschlugen die Boioter unter ihrem Feldherren Epameinondas die Reste des Peloponnesischen Bundes: Sie besiegten die Bündner oder verwüsteten ihr Territorium, sodass es ihnen vernünftiger erschien, sich mit den Thebanern zu arrangieren, statt weiter auf die Spartaner zu setzen. Auch der Sieg Spartas in der „tränenlosen Schlacht“ bei Parrhasia über die das spartanische Heer in die Zange nehmenden Messenier, Arkader und Argiver änderte daran nichts mehr.

Fazit

Der Peloponnesische Bund stellte das eigentliche Machtinstrument der Spartaner dar. Ihr eigenes Heer war trotz der Ausbildung und des Ethos der Spartiaten nicht in der Lage, Sparta die Selbstbehauptung in der aktiven Außenpolitik in Hellas zu ermöglichen. Sparta war zwar bei weitem stärker als jeder der Bündner und konnte ihn mit Hilfe der anderen in die Schranken verweisen. Auch ein größerer Aufstand konnte unterdrückt werden, da genügend Bündner sich Sparta durchaus freiwillig angeschlossen hatten und ihm zur Seite blieben, zumal im Bund einige Mitglieder einander ohnehin feindselig gegenüberstanden.

Ferner war die Hegemonie der Spartaner lange Zeit nicht drückend. Die traditionelle Zurückhaltung der Spartaner, wenn es darum ging, Kriege zu führen, ließ die Anzahl der Feldzüge vorerst gering bleiben. Wenn die Heere auszogen, forderte Sparta anscheinend nur Teile der Bundeskontingente an, vielleicht im Proporz zur eigenen Aushebung, was die Bündner durchaus beruhigt lassen konnte, da Sparta niemandem abverlangte, was es nicht auch selbst zu erbringen bereit war.

Nemea: Heiligtum des Zeus
Nemea: Heiligtum des Zeus

Sparta mischte sich lediglich in militärische außenpolitische Beziehungen der Bündner ein und in innenpolitische nur sehr sporadisch und dann auch fast ausschließlich, wenn eine hinreichend große Fraktion in der betreffenden Stadt selbst es dazu aufforderte. Die Bündner mussten keine Beiträge entrichten und waren an keine einheitliche Bündnispolitik gebunden. So konnte Sparta lange Zeit auf die Bündner zurückgreifen, ohne dass das System als Ganzes in Gefahr geraten wäre.

Allerdings änderte sich das gesamte Gefüge im Laufe der Zeit. Mit der zunehmenden Belastung der Bündner setzte ein Verhandlungsprozess ein, der zur Bundesversammlung und schließlich zu den Substitutionszahlungen führte, aber auch zu der gefährlichsten Desintegrationserscheinung von 421 bis 418, als sich Korinth, Elis und Mantineia lossagten und mit Athen einen Sonderbund bildeten, der Sparta unmittelbar bedrohte. In der Hegemoniezeit dann wurde allerdings das Widerstreben einiger Bündner immer offensichtlicher und konnte durch die eingeleiteten Maßnahmen kaum noch aufgefangen werden.

Sikyon: Stadtzentrum
Sikyon: Stadtzentrum

Insgesamt zeigte sich Sparta recht flexibel im Umgang mit dem Bündnissystem und reagierte geschmeidig auf die zunehmenden Belastungen und damit Widerstände der Bündner. So konnte es den Bund zusammenhalten bis bei Leuktra klar wurde, dass es seiner Rolle als Hegemon nicht mehr gerecht wurde – und auch dann blieben zunächst noch einige Fragmente des Bundes erhalten.

Ohne den Peloponnesischen Bund, genauer ohne die Soldaten bz. Zahlungen, die er einbrachte, konnte sich Sparta nicht mehr im Gefüge hellenischer Außenpolitik behaupten. Die Versuche, über auswärtige Bündnisse und mittels Geldbeschaffungsmaßnahmen zur Söldneranwerbung zu schlagkräftigen Heeren zu kommen, fruchteten ebensowenig wie die Versuche innerer Reformen im dritten Jahrhundert.