Sparta in Lakonien


Ein Stadtstaat macht sich eine Landschaft untertan

Expansion

Die spartanische Expansion über die unmittelbaren Stadtgrenzen hinaus begann wohl im 2. Viertel des 8. Jh. Sie konnte beginnen, als eine traditionelle und auch später in ritualisierter Form greifbare Konkurrenz zwischen den Stadtvierteln geregelt wurde. Unter der Führerschaft der Agiaden (Pitane und Mesoa) und der Eurypontiden (Limnai und Kynosura) wurde die Gemeinde gebildet, die wir als die Stadt Sparta verstehen. Die beiden Familien stellten hinfort die beiden Könige Spartas.

Blick über das "hohle Lakedaimon" vom Burgberg in Mistra Richtung des Parnon-Gebirges
Blick über das „hohle Lakedaimon“ vom Burgberg in Mistra Richtung des Parnon-Gebirges

Nach der Integration Amyklais in den Gemeindeverband um die Mitte des 8. Jh. rückten die so verstärkten Spartaner ins südliche Eurotastal vor. Die folgende territoriale Ausweitung gelang sehr schnell: Südlakonien war damals wohl nur gering bevölkert. Teile der Bevölkerung wichen vermutlich vor den Eroberern an die Randlagen aus. Die Stadt Helos konnte sich länger als der Rest Südlakoniens gegen Sparta verteidigen. Die Besitznahme war spätestens Ende des 8. Jh. abgeschlossen.

Lakonische Landschaft - Halbinsel Mani
Lakonische Landschaft – Halbinsel Mani

Mit der Eroberung Südlakoniens setzte wohl die Helotisierung der unterworfenen (vordorischen) Bevölkerung ein. Die ausgewichenen und nicht besiegten Bevölkerungsteile erhielten den mit der Zeit formalisierten Perioikenstatus, d.h. sie wurden nicht unterworfen, sondern in den Staatsverband – wenn auch nicht in die Reihen der politisch Berechtigten – aufgenommen. Schon gleichzeitig mit der Eroberung Südlakoniens griff Sparta nach Westen (Messenien) und Norden (Arkadien und Argolis) aus. Einen weiteren Sprung aus dem Eurotastal stellte die Eingliederung der Insel Kythera und der Landschaft Kynuria östlich des Parnon um 550 dar, die gemeinhin zur Landschaft Lakonien gezählt werden.

Lakonien als innenpolitisches Thema des Staats der Lakedaimonier

Mit diesen Schritten wandelt sich das Schicksal Lakoniens in eine innere Angelegenheit Spartas. Der rechtmäßige Besitz Lakoniens wurde bis weit nach der Niederlage von Leuktra nicht angezweifelt oder gar angetastet. Das Land gedieh unter Anleitung der Lakedaimonier mit der Hände Arbeit der Heloten und wurde kaum von den Kriegen, die in Griechenland an der Tagesordnung waren berührt. Um 455 verwüstete eine athenische Flotte Küstenstriche und zerstörte Infrastruktur in der Perioikenstadt Gytheion. Im großen peloponnesischen Krieg kamen solche Aktionen ebenfalls vor. Sie waren aber von lokalem Charakter und im Vergleich zu den phasenweise beinahe jährlichen Verwüstungen in Attika, Boiotien und auf dem Isthmos kaum der Rede wert.

Die zu Heloten herabgedrückten oder als Perioiken aufgenommenen Bewohner Lakoniens sahen anscheinend recht wenig Grund, gegen Sparta aufzubegehren. Die Perioiken waren weitgehend frei in ihrer Entfaltung. Außenpolitisch unter spartanischer Flagge zu segeln war lange Zeit eher ein Vorteil und das spartanische Heer verschaffte die Sicherheit, die gebraucht wurde, um in Wohlstand und Zufriedenheit zu leben. Auch die Aushebung zum Heer war wohl kaum drückend. Es wurden nur „ehrenvolle Freiwillige“ aufgenommen, d.h. wer sich dem Heeresdienst entziehen wollte, dem konnte das sehr wohl gelingen.Die lakonischen Heloten scheinen ihr Los nicht so schwer genommen zu haben wie ihre messenischen Kollegen. Sie arbeiteten auf den Gütern der Spartiaten und Perioiken weitgehend selbständig und lieferten ihre hohen, aber persönlichen Wohlstand ermöglichenden Abgaben ab. Dafür waren sie weitgehend von der griechischen Seuche alljährlicher Verwüstungen durch die üblichen Kriegszüge verschont. Dass sie nach dem großen Erdbeben von 464 in der überwiegenden Zahl loyal oder zumindest ruhig blieben weist darauf hin, dass sie ihr Leben am Rand der lakedaimonischen Gesellschaft durchaus zu schätzen wussten.

Sparta verliert Lakonien

Nach Leuktra erschien 370 erstmals seit Jahrhunderten ein feindliches Heer in Lakonien und verwüstete und plünderte Flur und die Landhöfe der Lakedaimonier. Epameinondas hatte bei Leuktra dem Boiotischen Bund den Sieg gebracht und Sparta eine verheerende Niederlage. Die Lakedaimonier hatten nicht mehr die Kraft, einer Invasion Lakoniens zu widerstehen. Aber sie waren stark genug, ihre Stadt zu schützen. Die Heloten und die Perioiken fielen teilweise ab, aber viele blieben ihren Herren treu und 368, im Jahr nach dem für die spartanische Gesellschaftsordnung tödlichen Stoß des Verlusts des messenischen Spartiatenlandes, ging König Agesilaos mit syrakosaischer und persischer Unterstützung zum Gegenstoß über und holte einige abgefallene nördliche Landstriche Lakonien unter die Hoheit Spartas zurück – nicht ohne dabei große Gemetzel und Verwüstungen zu veranstalten, die sicherlich dem Staat eher schadeten als nützten. Die tränenlose Schlacht, die sich daraus entwickelte gewann Agesilaos gegen die Kontingente von Messene, Arkadien und Argos. Eine volle Gebietsrestitution war aber nicht gelungen. Deshalb sah das Jahr 351 wieder ein spartanisches Heer in Südarkadien – erneut ohne Erfolg.

Der 340 gegen Makedonien gegründete Hellenenbund unterlag 338 Philipp und Alexander bei Chaironeia. Der König durchzog Lakonien, griff aber die Stadt nicht an. Sparta musste überall Grenzgebiete abgeben, dabei in den Gegenden der Skiritis, die Thyreatis, Aigytis und Belminatis. Sparta war nun begrenzt auf den Kernbereich Lakoniens mit den Halbinseln Mani und Malea (Kynouria).

Nach weiteren Verlusten kam zu Beginn des 2. Jh. das Ende spartanischer Herrschaft über Lakonien. Der sich als hellenistische Herrscher gerierende Nabis führte durch seine tyrannische Schaukelpolitik Sparta in den staatlichen Untergang: Die von ihm wiederholt geprellten Römer zwangen Sparta, alle besetzten Gebiete und die Perioikenstädte, die ihm noch verblieben waren, herauszugeben. Sparta sank somit territorial auf den unmittelbaren Bereich um seine Dörfer ab und musste sich dem achaiischen Bund anschließen, wodurch es seine politische Eigenständigkeit verlor. Nabis selbst wurde von einem achaiischen Offizier beseitigt, da er als zu unzuverlässig und wankelmütig galt.

So dämmerte Sparta das verbleibende halbe Jahrhundert bis zu seiner Aufnahme ins römische Reich ohnmächtig dahin, ein unwichtiges Dörflein bevölkert von Bauern und Rentiers.